Résumé :
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Marco Cassini und Martina Testa sind begeisterte Leser der jüngeren amerikanischen Literatur. Sie leiten gemeinsam einen kleinen Verlag in Rom, in dem sie junge italienische und amerikanische Autoren veröffentlichen und dessen zentraler Büroraum ihre kleine Wohnung in Rom ist. Auf einem Literaturfestival in Mantua lernten sie Zadie Smith kennen und überzeugten sie bei mehreren Gläsern Rotwein davon, das Vorwort für ihre Anthologie zu schreiben, die 2001 unter dem Titel »The Burned Children of America« in Italien und ein Jahr später bei Penguin in England erschien.
Der Anlass des Interviews war die Veröffentlichung seines 1079-seitigen Monster-Romans Infinite Jest, Lieblingslektüre in Studentenwohnheimen und das schwerste Hardcover seiner Zeit. Wie eine Herausforderung stand es in den Bücherregalen der Szenegänger. Wer kein größeres Werk zu schreiben im Stande war, konnte zumindest ausprobieren, wie weit er es aus dem Stand werfen konnte. So oder so war Infinite Jest das Buch, mit dem man sich früher oder später auseinander setzen musste, genau wie vorherige Generationen sich mit Gravity's Rainbow (Dt.: Die Enden der Parabel), Midnight's Children (Dt.: Mitternachtskinder) oder The Recognitions (Dt.: Die Fälschung der Welt) auseinander setzen mussten. Aber abgesehen von seinem Gewicht hatte Infinite Jest noch andere herausragende Eigenschaften. Es war formal experimentell und stand in der seit einiger Zeit von Autoren wie John Barth oder Donald Barthelme wieder entdeckten Tradition des Fabulierens, es war gesellschaftlich auf den Punkt, "vernetzt" wie die Romane von Pynchon und DeLillo, es war aber gleichzeitig auch emotional ergreifend, ja sogar melancholisch. Habe ich schon erwähnt, dass es außerdem komisch war? In Wallace' Roman ging es, und dies blieb charakteristisch für sein Werk, um den aufmerksamen Blick auf die verborgene, geschlagene und geschrumpfte spirituelle Existenz Amerikas und der Amerikaner. In diesem Land verbirgt sich, hinter dem professionellen Lächeln seiner Bewohner, eine Traurigkeit, die so tief in die Kultur eingedrungen ist, dass man sie beim Frühstück schmecken kann. Wir haben sie verinnerlicht, und wir können ihr nichts verkaufen, denn sie ist nicht wegen neuer Turnschuhe auf dem Markt. Sie ist der Ort, den die Kultur lieber meidet, es sei denn, sie ist gezwungen, sich dorthin zu begeben. Man darf in Amerika beinahe alles sein -unzufrieden oder unausgefüllt, unerkannt und unerwünscht, unausgeglichen oder unemotional, ungerecht entlohnt oder unbedeutend. Aber nicht unglücklich. Unglück weist sanft auf das Metaphysische, und wenn die spirituellen Bedürfnisse vom Science-Fiction-Markt nicht hinreichend abgedeckt werden, na dann: Houston, wir haben ein Problem.
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